„Ich gratuliere mir heut mal selbst …“, eine Laudatio zum 60. Geburtstag des Gründers von BARNIM RASENBALLSPORT

Alles, alles Gute zu Deinem 60. Geburtstag, mein Lieber. Sechzig Lenze, da ist man doch gerade in der Blütezeit seines Lebens angekommen. Oder? Könnte man denken, dass es so ist, ist es aber nicht. Zwar hat der Volksmund eine Formel geprägt, „Man ist so alt, wie man sich fühlt“, diese trifft bei mir aber in Bezug auf das tatsächliche Zählwerk nicht wirklich zu. Zumindest wenn man das Körperliche betrachtet, ist das gefühlte Alter um einiges höher, als es in meinem Ausweis zu lesen ist. Da ist es morgens nach dem Aufstehen schon ein verkrampftes Schaulaufen, um in die Gänge zu kommen. Aber was soll’s, ich möchte mich noch nicht bewusst in das „Älteren-Dasein“ eingliedern, wo es an der Tagesordnung ist, ständig alle Wehwehchen zu bequatschen. Nein, ein Blick zurück in meine körperlich besseren Zeiten, ist das, was diese Laudatio ausmachen soll, um Positives, wie auch Negatives zu erzählen, welches mich zu dem gemacht hat, was ich heut bin. Dies aber alles durch die Rasenballsport-Brille betrachtet.

Da war das Knödeln vor der Haustür auf dem von der Stadt bewirtschafteten Rasen, wo ein Kollege der betreuenden Firma aufgrund eines Spielverbotes ständig die Bälle konfisziert und damit meine kontinuierliche Entwicklung zum Top-Kicker verhindert hat. Und wer zu Ost-Zeiten den Fußballsport betreiben konnte, weiß, dass Bälle, genau wie vieles andere, in die Kategorie der Mangelware gehörten. Mein damaliger Freund war dann dafür verantwortlich, dass die Schiedsrichterei eine Alternative zur Ball-Not sein konnte. Lehrgang mit vierzehn gemacht, mit Bravour abgeschlossen und losging die Misere. Fünf Mark plus Fahrgeld (2x 20 Pfennig) pro Partie abkassiert und viel Spaß gehabt. Erwachsen geworden, tolle Frau kennengelernt, zeitnah erstes Kind in die Welt gesetzt, das normale DDR-Leben halt. Den Mauerfall bei der NVA erlebt (wer nichts damit anfangen kann, das war die OST-Bundeswehr) und im Amt des Referees ganz nebenbei immer tiefer in die Ehrenamtsschiene eingetaucht. Das erste zu leitende Spiel im Westteil der Hauptstadt ist mir mehr als stark in der Erinnerung geblieben. Die Polizei war dabei und mein Freund und Helfer, vor allem Begleiter nach Spielende auf dem Weg vom Platz in die Kabine. Man muss mir aber zugutehalten, dass meine Spielleitung nicht der Grund dafür war, dass sich der Zuschauerpulk im Handgemenge wiederfand, sondern dass die Fangemeinde ganz einfach nicht miteinander konnte. Und mittendrin, statt nur dabei, meine Frau, inklusive Sohn, die beide am Ausgang mit laufendem Motor warten, um die Fluchtfahrt aufzunehmen. Neben der aktiven Pfeiferei wurde das Ehrenamt präsenter, in diesem Zusammenhang aber auch die persönlichen Nackenschläge immer prägender. Hier muss man dann mal das Konstrukt des Ehrenamtes und das, warum Freiwilligenarbeit geleistet wird, mit meiner Sichtweise etwas näher erklären. Menschen im Allgemeinen suchen in ihrem Leben auch nach Formen und Wegen zur eigenen Ehrerbietung und Wertschätzung. Manche treten in eine Partei ein, andere sind in Vereinen tätig, immer auf der Suche nach Anerkennung und dies, wenn es positiv läuft, ohne finanzielle Hintergründe. Da gibt es aber auch Probanden, die über diesen Weg egoistische Macht erlangen wollen, dies auch schaffen, dabei aber ganz vergessen, dass ihre „Untertanen“ ebenfalls Ansehen und Akzeptanz erwarten. Stattdessen wird das Ehrenamt mit Füßen getreten, so könnte man das Ganze übertrieben bezeichnen. Ein Beispiel gefällig, von vielen, welches ich höchst persönlich erlebt habe? Im Berliner Fußball wird für die Schiedsrichterlehrgänge ein Vorabtreffen durchgeführt, welches dazu dienen soll, Organisatorisches zu besprechen und vor allem abzuchecken, wer von den Angemeldeten, denn wirkliches Interesse hat, Referee zu werden. Vor Einführung dieser Maßnahme war es immer ein Lottospiel in der Anwesenheitsquote, denn zu den Lehrgängen kamen zum Teil weniger als die Hälfte der Angemeldeten. Die Idee zum „Schnuppertreffen“ hatte ich, und nur ich. Doch zu meinem Erschrecken ließ sich der damalige Schiedsrichterausschussvorsitzende im Nachgang in höchsten Tönen feiern, als er diesen Vorschlag, als den seinen deklarierte und die Maßnahme in der Folge bis zum heutigen Tage große Früchte trägt. In dieser Zeit trat ein neuer Fußball-Freund in mein Leben, der mich positiv verrückt in seinen Bann zog. Seine knackige und oft aneckende, aber ehrliche Art verbaute ihm den ein oder anderen Posten in der Ehrenamtswelt. „Ich sitze lieber in der zweiten Reihe und schaue zu, wie die vor mir umfallen“, war dann sein Leitspruch und irgendwie hatte er damit auch den richtigen Stecker gefunden. So blieben die beiden Freunde gemeinsam in der zweiten Reihe und haben in ihrer Zeit, neben vieler eigener mentaler Niederlagen, auch reichlich Personal vorne umfallen sehen. Das Ende meiner Schiri-Karriere spülte mich in den Barnim. (Vielen Dank an meinen Sohn.) Dort versuchte ich ebenfalls ehrenamtlich Fuß zufassen. Dies aber auf der anderen Seite, in einem Vereinsvorstand. Ein klassischer Burnout mit langer Krankheitsdauer war dann das Ende meines eigentlichen freiwilligen Engagements. Mit dem Fotografieren und Berichte schreiben, hatte ich endlich ein Mittel gefunden, die erhoffte Anerkennung zu erlangen und meinen persönlichen Frieden zu finden. Danke auf diesem Wege an JS, der mich damals förmlich drängelte, diese Aufgabe anzunehmen. Als freier Mitarbeiter der Brandenburger Tagespresse wurde das Ganze auch noch honoriert, bis Corona dieses Kapitel abrupt beendete. Es entstand die Idee, den Fußball in der Region weiterhin journalistisch zu begleiten und wurde mit der Blog-Gründung „BARNIM RASENBALLSPORT“ umgesetzt. Eine Video-Kolumne überbrückte die fußballlose Zeit erfolgreich in der Corona-Phase. Heute hat der Blog über eintausend Follower bei Instagram, eine beachtliche Zahl, wenn man bedenkt, wie regional die Berichterstattung eigentlich ist. Dabei betone ich immer wieder, dass der Blog kein Streben nach exorbitanten Klickzahlen ist. Sondern die sozialen Medien sollen dazu dienen, die Erreichbarkeit interessierter Barnim-Fußballer zu erhöhen.

Es ist nach sechzig Jahren Lebenszeit aber auch mal Zeit Danke zu sagen. Vor allem an die, die immer zu mir gehalten und hinter dem gestanden haben, wenn etwas versucht wurde, auf den Weg zu bringen. Besonders zu nennen, ist meine liebe Frau. Sie hat hinter mir in der dritten Reihe gestanden und peinlichst genau darauf geachtet, dass ihr Gatte nicht in Rutschgefahr geraten und ebenfalls umfallen könnte. Nein, sie war die Stütze auf dem Weg und hat dabei reichlich Zugeständnisse machen müssen. Ich werde Ihr heute mal persönlich verklickern, wie dankbar ich bin, dass Sie so geduldig war und mir meinen fußballinteressierten Freiraum gelassen hat. Und dabei kamen ihre eigenen Belange oft nicht zur Entfaltung. Ich sehe sie noch heute vor mir, wie sie darum kämpfen musste und resigniert zurückgelassen wurde. Leider waren ihre Ziele und Bedürfnisse mit dem Meinen viel zu selten konform. Trotzdem war sie für mich da, hat zu mir gehalten und mich nicht im Stich gelassen. Dies alles ist und war ganz und gar nicht selbstverständlich.

Auch ein Dankeschön an meine beiden tollen Kinder, die Verständnis für meinen Kram hatten (oft auch gezwungenermaßen) und an vielen Tagen ohne ihren Papa auskommen mussten, obwohl sie mich gerne dabeigehabt hätten.

So, nun genug der Worte. Gefeiert wird ab diesem Geburtstag nicht mehr. Ich biege heute auf den „Highway der Alten“ ab und bin dabei ganz ehrlich, dass mir das alt werden in der Seele Probleme bereit und ich deshalb durch das Feiern nicht jedes Jahr daran erinnert werden möchte. Wer also Bock hat, der kann heute ein Glas auf mich erheben und dabei daran denken, wie schön der Fußball auf dem Dorfe und in der Kleinstadt sein kann und mit Sicherheit auch ist. Dies sollten wir uns mit aller Anstrengung bewahren!

Ingo Muhme, alias BARNIM RASENBALLSPORT

PS: Ich denke, ich bin in den Barnimer Arenen schon bekannt wie ein bunter Hund. Dies wird mir auch mit der entgegengebrachten Zuneigung aus den Umfeldern der Vereine signalisiert. Was mich aber doch oft stutzig und auch wenig traurig macht, ist der Fakt, dass gerade die Spieler, die mein Tun definitiv auch gut finden, es in der personellen Masse nicht schaffen, wenigstens ein kleines Hallo zur Begrüßung herüberbringen. Da ist mir das momentane „Miteinander“ zu sehr eine Begegnung auf Kühlschrankebene. Dies wäre auch eine Form von Wertschätzung, genau wie ich den Amateurfußball mit all seinen Facetten und Personen anerkenne und auch liebe. Ich lasse das mal so stehen …

2 Gedanken zu “„Ich gratuliere mir heut mal selbst …“, eine Laudatio zum 60. Geburtstag des Gründers von BARNIM RASENBALLSPORT

  1. Happy Birthday nachträglich Ingo.

    Vielen Dank, für all deine Besuche in den Barnimer Arenen und nur das Beste für dich.

    Bleib dem Amateurfußball noch lange erhalten, in der Region gibt es viele interessierte Leser, die deine Berichte konsumieren/aufsaugen.

    Beste Grüße Lucio

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