
„High Noon – Zwölf Uhr mittags“, der Filmtitel aus dem Jahre 1952 hätte zumindest zur Anstoßzeit gepasst. Denn genau zu diesem Termin ertönte der Anpfiff des guten Schiedsrichters Manfred Bleisch zu einem Testspiel, welches schon ein wenig Vorgeschichte hatte. Für mich als Berichterstatter dieser Begegnung führte der Ritt in die Vergangenheit in meine Karriere als Berliner Schiedsrichter auf die Sportanlage in der Berliner Copistraße. Anfang der 90ziger Jahre hatte ein Spiel wegen lautstarker und sehr persönlicher Kritik unter Androhung von Prügel hier fast zum Spielabbruch geführt. Dann hatte Zepernicks Übungsleiter Lucio Geral beim Gastgeber vor geraumer Zeit seine spielerischen Fußstapfen auf dem Kunstrasen der älteren Generation hinterlassen, genauso wie der Teammanager und ehemalige Trainer der Zepernicker, Dirk Opitz, der damals bei den Lichtenbergern an der Linie stand. Alles Schnee von gestern …, weit gefehlt. Denn Dirk Opitz blieb seinem Heimatverein, der TSV, immer irgendwie treu. Aktuell als Altherrenspieler und neuerdings als Coach der Herrenmannschaft, dem heutigen Gegner der Einheit aus Zepernick.
Die Begegnung brauchte keine Aufwärmphase und es war schon interessant zu sehen, ob in den Ligaparallelen beider Vertretungen (Bezirksliga Berlin = Landesklasse Brandenburg) ein qualitativer Unterschied bestehen würde. Dieser blieb erst einmal aus, denn der TSV mischte munter mit und versteckte sich keineswegs, obwohl Opitz seine Truppe schon auf die spielerischen Qualitäten der Barnimer eingestellt hatte und deshalb etwas defensiver dachte. Ein Missverständnis im Abwehrverbund der Gäste in Zusammenarbeit mit Keeper Dennis Tietz, der den Strafraum abwehrtechnisch verlassen musste, brachte die erste Lichtenberger Möglichkeit. Oskar Piltz hatte den Braten gerochen und per Bogenlampe versucht das leere Tor zu treffen. Schlussendlich landete die Kugel an der Latte und sehr zum Glück der Gäste nicht im Tor (4.). Die durchatmenden Barnimer bekamen nun zunehmend optisch gesehen das Spiel besser in den Griff, blieben aber gerade in Punkto Einstellung und daraus resultierenden Körpersprache ohne Überzeugung und auch ohne zwingende Torabschlüsse. In der 9. Minute schaffte es Nassar-Choco Saado den Ball über die rechte Seite kommend gegen zwei Gästeakteure zu behaupten. Sein Anspiel in den verlängerten Rückraum nutzte dann Enes Ribic zur bis zu diesem Zeitpunkt nicht unverdienten Führung. Schon hier zeigte sich eine gewisse Anfälligkeit im Defensivverhalten der Gäste, die es nicht schafften, bei aller vorhandenen Qualität den Vorlagengeber aus dem Spiel zu nehmen. Drei Minuten später hätte Zepernicks Neuzugang Joshua Idaehor zumindest mit dem Ausgleich, den doch recht schwachen Auftritt seiner Neukollegen etwas aufwerten können. Allein vor Heimtorsteher Sebastian Gerlach auftauchend, verzog er knapp am linken Pfosten vorbei. Die Partie blieb in der Folge ob der fehlenden Chancen auf beiden Seiten zwar nicht unattraktiv, offenbarte aber schon das Maß der Herangehensweise. Lichtenberg zeigte „Bock auf Fußball“, welchen man auch bei der Einheit erwartete, allein schon der achtwöchigen Zwangspause durch Corona geschuldet, diesen aber irgendwie vermisste. Halbchancen für die Gäste standen nun auf der Tagesordnung, welche den gut sortierten Berlinern kaum Probleme bereiteten. Gefährlicher wurde es aber auf der anderen Seite, wenn auch nur sporadisch. Justin Wende hatte nach einer Ballstafette die fast sichere Möglichkeit, verzog dann aber aus guter Position (26.). Das 2:0 war dann irgendwie das Spiegelbild des, bis dato doch recht uninspirierten Gekicke der Gäste. Ein Rückpass von Eric Woiton zu Keeper Tietz, der offensichtlich für eine Spieleröffnung gedacht war, landete zur Verwunderung aller im eigenen Kasten (39.).
Zum Wiederanpfiff wechselte Zepernick ordentlich durch und machte damit Hoffnung auf Besserung. Diese gab es auch, im Endeffekt aber nur in der Erhöhung der Ballbesitzquote. Denn noch immer fehlte der konsequente Zug zum Tor, der schlussendlich die sicherlich vorhandene individuelle Qualität mehr zum Tragen hätte bringen können. So häuften sich zwar die Torabschlüsse, in denen sich der agile Neuzugang Joshua Idaehor am wirkungsvollsten hervortat, dann aber an der sehr sicher stehenden Heimabwehr oftmals festbiss. Lichtenberg hingegen konterte und musste sich den Vorwurf gefallen lassen, damit recht schludrig umgegangen zu sein. Schlussendlich führte einer dieser Tempovorstöße zum 3:0. Diesen beendete Justin Wende, nach dem der Ball über zwei Stationen bei ihm landete und er im Zweikampf das Spielgerät über die Linie drückte (78.). Einheit versuchte noch einiges und hätte sicherlich noch einen Treffer verdient. Letztendlich hätte man die bekannte Phrase, mit dem „die hätten noch ewig spielen können, …“ bringen können, passend wäre sie allemal gewesen. Resümierend war es für die Lichtenberger eine Partie mit Wettkampfcharakter, für Zepernick hingegen eher eine Testpartie mit vielen Fragen und Erkenntnissen für Coach Lucio Geral, der sich im Nachgespräch sehr enttäuscht präsentierte. „Sehr ernüchternd, das war in der 1. Halbzeit wieder einmal das klassische Zepernick. Keine Bereitschaft, keine Leidenschaft, keine Intensität in den Zweikämpfen und fehlende Bewegung ohne Ball. Man hatte leider nicht das Gefühl, dass die Jungs sich klar sind, um was es eigentlich geht. Für mich war es letztendlich ein gelungener Test, der mir doch einige Erkenntnisse gebracht hat. Im zweiten Durchgang war es dann nach meinen klaren Worten in der Kabine um einiges besser, obwohl uns der Torerfolg letztendlich verwehrt blieb.“ Sein gegenüber, Dirk Opitz, in dem in dieser Begegnung sicherlich beide Herzen stark pulsiert haben, äußerte sich zuerst zum Engagement seiner Lichtenberger Jungs. „Ich bin sehr zufrieden und habe dies heute so nicht erwartet. Meine Mannschaft hat aber alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Das war überragend. Eigentlich war uns klar, dass wir spielerisch nicht mithalten können und haben unsere Tugenden, wie Leidenschaft, in die Waagschale geworfen. Das war dann der Lohn für eine knochenharte Trainingswoche. Für mich ist das Ergebnis aber um ein Tor zu hoch ausgefallen.“ Aber auch als Teammanager der Zepernicker hatte er eine kurze, aber sehr aussagekräftige Meinung zur Partie. „Ich war von den Einheit-Jungs komplett enttäuscht. Ich würde das als sehr pomadig bezeichnen, was da heute abgeliefert wurde. Klares Fazit zur Partie: Mentalität schlägt Qualität.“
TSV Lichtenberg – folgende Spieler kamen zum Einsatz: Sebastian Gerlach – Paul Biermann, Sinan Hozic, Leo Greiser, Leon Koch, Julian Grabler, Eric Zeggert, Oskar Piltz, Nassar-Choco Saado, Justin Wende, Chris Potthoff, Mustapha Laribi, Yannic Lindner, Ivan Filippov, Alexander Spitzer, Enes Ribic
Zepernick – folgende Spieler kamen zum Einsatz: Dennis Tietz – Jerome Ehweiner, Luca Grabarek, Eric Woiton, Philip Opitz, Lesley Park, Niklas Liebenthal, Vincent Lipp, Patrick Töpfer, Marinko Becke, Fabian Schulz, Fabian Plehn, Philipp Schmidt, Joshua Idaehor
Schiedsrichter: Manfred Bleich (von Erfahrung geprägte sehr gute Leistung in einer sehr fairen Partie)
Zuschauer: 40 (bei freiem Eintritt)
























































































