
Nüchternheit und gesenkte Köpfe auf der einen, die breite Brust und gute Laune auf der anderen Seite. Dass Union Klosterfelde momentan keine schönen Zeiten durchlebt, mit Trainerwechsel unter Woche und den Gedanken gefahrzulaufen, unnötig in den Abstiegsstrudel zu geraten, ist hinlänglich bekannt. Es war eine Partie der Tabellennachbarn (9. vs. 8.), aber eigentlich auch nicht. Zehn ganze Punkte trennten beide Teams vor dem Spieltag, wobei die Gäste, sozusagen, das Ende des Mittelfeldes, eventuell auch noch mit Verfolgerambitionen, abbildeten und Union den abstiegsgefährdeten Mannschafts-Pulk anführte. Gespannt konnte man schon sein, wie die Reaktion der Heimtruppe auf die Trennung von Übungsleiter Steffen Borkowski ausfallen und was der Trainerkarrieresprung für Florian Gerber, dem ehemaligen Coach der Union-Reserve, für die vom Verein ausgerufene „Mission Klassenerhalt“ bedeuten würde.
Es brauchte keine Minutenlänge, da war eigentlich schon klar, wer hier das Farbkissen aufgeklappt und der Partie den Stempel aufgedrückt hatte. Vierzig Sekunden waren vergangen, da musste Union-Keeper Nico Reimann nach einer Ecke von der rechten Seite schon einmal nachfassen, um die Kugel unter Kontrolle zu bringen. Gerade die variantenreichen personellen Aufbauten im Strafraum bei den Gäste-Eckbällen hatten es in sich. „Ansammlungen“ am kurzen Pfosten und rund um den Elfmeterpunkt wechselten sich mit zwischenzeitlicher verteilter Präsenz ab und machten den Unionern in der Gegenspieler-Zuordnung das Leben schon schwer. Werder spielte mit viel Selbstvertrauen, einer gewissen Leichtigkeit und vor allem mit sichtbarem Plan. Letzterem hatte Florian Gerber seinen Mannen sicherlich auch mit auf den Weg gegeben, doch zur Umsetzung kam die Truppe überhaupt nicht. Verunsicherung machte sich hingegen breit, obwohl man schon den Willen spüren konnte. Seltene Offensivaktion entstanden eher zufällig aus zum Teil unkontrollierten Abwehrschlägen, die in der Adressierung meist auf der Strecke blieben. Den ersten Nackenschlag versetzten die Gäste den Hausherren in der 9. Minute. Eine flache Eingabe von der linken Seite rutschte durch den kompletten Strafraum, ehe der Ball über drei Stationen zu Paul Eric Sommer kam. Der genoss alle Freiheiten in der Positionssuche, um schlussendlich unhaltbar die frühe Führung herzustellen. Viktoria blieb weiterhin griffig und zeigte der Heimelf mit großem Druck die Grenzen auf. Die Angriffsvariationen über die Flügel strahlten fast immer Gefährlichkeit aus. Dabei musste Klosterfelde schon das ein oder andere Mal durchatmen und hatte auch Fortune im Gepäck, dass die Werderaner ein wenig schluderig mit ihren Möglichkeiten umgingen. Erst war es Ramon Kornemann, der eine Flanke versemmelte und dann Patrick Richter, welcher auf die Reise geschickt wurde und sich im Laufduell und Zweikampf mit Alexander Kraatz nicht entscheidend durchsetzen konnte (11. und 13.). Die Suche der Heimelf nach dem Türöffner zur Partie hatte weiter Bestand und als Tobias Marz verletzungsbedingt auch noch die Segel streifen musste, wurde das erwartete Unternehmen so langsam zur Mamutaufgabe (18.). So um die zwanzigste Minute hatte Union seine beste Phase im gesamten Spiel. Zwei vielversprechende Aktionen machten zumindest Hoffnung auf Besserung. Den Schüssen durch Florian Schulte und Steven Nowark, einmal aus der zweiten Reihe und dann nach einem diagonalen Anspiel, fehlten letztendlich Schmackes und auch Präzision, um Gäste-Torsteher Kai Sprangenberg irgendwie in die Bredouille zu bringen (20. und 21.). Nur sechzig Sekunden später, hätte es dann eigentlich im Gäste-Kasten klingeln müssen. Florian Schulte schien aber etwas überrascht zu sein, als sich Keeper Spangenberg verschätzte, nicht an den Ball kam und er das Spielgerät vollkommen frei in höhere Gefilde jagte. Mit dem postwendenden Angriff, welcher zum 0:2 führte, wurde es für die Klosterfelder Seite nun richtig bitter. Der Konter mit Pass zu Ramon Kornemann, der dann flach in den Strafraum für den mitgelaufenen Patrick Richter auflegte und schlussendlich den Ball im Netz zappeln ließ, legte schon den Grundstein für den Auswärtsdreier (23.). Denn Union machte in der Folge nicht den Eindruck, irgendwie noch einmal zurückzukommen. Zu abgezockt agierten die Gäste, die sicherlich bei mehr Kaltschnäuzigkeit schon einen vier Treffer-Vorsprung mit in die Halbzeit hätten nehmen können. Auch die Motivationlaute von Unions Torhüter Reimann kurz vor dem Halbzeitpfiff „Positiv bleiben, aber steht doch zu Eurer Scheiße, die ihr hier heute spielt“, zeigten schon ganz offensichtlich das angekratzte Nervenkostüm.
So war es schon spannend, welche Worte Neutrainer Gerber im Pausengespräch gefunden hatte. Das Bild änderte sich aber nicht wirklich. Viktoria weiterhin in der Spielhoheit und Klosterfelde auf der Suche nach dem Türspalt, um die Füße noch irgendwie in die Partie zu bekommen. Doch das gelang nicht. Stattdessen erhöhten die Gäste in der 58. Minute auf 3:0 und setzten damit auch die vorherrschenden Kraftverhältnisse in Zählbares um. Patrick Richter machte sich dabei zum Doppelpacker, als einen Angriff über linke Seite mit folgender Degradierung der Klosterfelder Defensivabteilung unhaltbar vollendete. Union blieb bemüht und hatte nun Glück, dass die Gäste mehrere Gänge runterschalteten und nur noch sporadisch in die konsequente Offensive gingen. Nur noch einmal wurde das Heimteam richtig gefährlich und ließ es dabei mächtig krachen. Mohammad Hares Bosharat hatte alles zusammengenommen und nagelte die Kugel aus 18 Metern an die Latte (77.). Schiedsrichter Daniel Läser sah am Ende, auch absolut nachvollziehbar, keinen Grund die Begegnung unnötig zu verlängern und erlöste stark gezeichnete und vor allem enttäuschte Hausherren nach genau neunzig Minuten.
Für Florian Gerber, der seine Truppe nach Spielende im Kreis Mut für die folgenden Aufgaben mitgab, war das erste offizielle Statement als verantwortlicher Union-Trainer sicherlich nicht einfach. „Die Blockade, die offensichtlich vorhanden ist, zu lösen, ist heute leider nicht gelungen. Die Jungs können alle Fußballspielen, sie sind nur selber von sich nicht mehr richtig überzeugt. Und daran arbeiten wir in jedem Training. Jetzt steht das Derby gegen den FSV Bernau an, da brennt hier in Klosterfelde immer der Rasen und darauf bereiten wir uns vor.“
Klosterfelde: Nico Reimann – Florian Schulte, Steven Nowark, Tobias Voelkel (60. Likas Bruhn), Justin Komossa, Tobias Marz (18. Jan Medewitz), Alexander Kraatz, Michel Klemz, Felix Klaka, Mohammad Hares Bosharat, Eric Rutzen (72. Norman Jechow)
Werderaner FC: Kai Spangenberg – Rico Morack, Ramazan Günel, Patrick Richter, Simon Albrecht, Lukas Schulze, Ramon Kornemann (88. Jeremy Paulick), Paul Eric Sommer (74. Anton Richard Muschter), Tobias Lietz, Aaron Eichhorn, Tim Steuk
Schiedsrichter: Daniel Läser (Es gab nichts zu mäkeln. Der Referee, in seiner ruhigen, aber konsequenten Art, hatte alles im Griff, ließ aufkommende Kritik an sich „abprallen“ und bildete mit seinen Kollegen an der Seite eine sehr gute Einheit.)
SRA: Fabio Stemmler, Felix Schmidt
Zuschauer: 175








































































































































