Die eh schon nicht so große Personaldecke der Hausherren ist momentan schon sehr ausgedünnt. Rote Karten und auch Langzeitverletzte sollten aber nicht als Ausrede herhalten, war aus den Vorgesprächen ganz klar zu vernehmen. Dass mit dem Brandenburger SC Süd als Oberligaabsteiger eine immer noch präsente Wundertüte am Bernauer Wasserturm aufschlug, war für das Manuskript zum Spiel auch nicht von der Hand zu weisen.

Doch mit dem Anpfiff des guten Referees Tobias Collin wurde eines ganz schnell klar, dies würde eine Begegnung aus dem oberen Regal der Brandenburgliga werden. Intensität war das Prädikat, welches über die ganze Spielzeit im Vokabular blieb. Auszeiten und Phasen des Zurücklehnens bekam man nicht geboten. Stattdessen regierten Rasse und Leidenschaft auf Bernauer Seite und individuelle Qualität in den Gästereihen. Was der Begegnung fehlte, waren Torchancen, welche aber bei genauerer Betrachtung nur „ein Stöhnen auf hohem Niveau“ darstellten. Bernau hatte nach fünf Minuten die erste Möglichkeit durch Tom Stedtler, der mit seiner Stirn nach einem Eckball die Kugel ins Aus beförderte. In der Folge durchlebte die Partie wechselnde Phasen, in der sich beide Vertretungen minutenlang in des Gegners Hälfte festsetzten. Zwischendurch gab es auch Abschnitte, in denen man sich neutralisierte, was aber definitiv nicht bedeutete, dass die Spielqualität darunter litt. Hinten, in beiden Defensivreihen, brannte nur wenig an, im Vorwärtsgang mangelte es schon etwas an Ideen und Risikofreude. Lange Bälle waren das erstgewählte Mittel, dem aber besonders in der Anfangsphase die Präzision fehlte. So waren vorrangig, wenn auch selten, Standartsituationen die Vorreiter für nennenswerte Abschlüsse. Ein langer Einwurf von der linken Seite wurde im Strafraum durch Maximilian Walter per Kopf verlängert. Tom Stedtler war der Abnehmer und fackelte nicht lange, als er den Ball dann artistisch, wenn auch knapp übers Tor jagte (17.). Keine sechzig Sekunden später war der Jubel riesengroß. Wieder war es ein langer Bernauer Einwurf, der schlussendlich das 1:0 vorbereitete. Im Konstrukt der Gästedefensive, welche nicht den sichersten Eindruck hinterließ, war Tom Stedtler als Torgarant zur Stelle. Maksim Roubut schaffte es nicht, mit einem einfachen Ballwegschlagen die Misere zu entschärfen. Der Torschütze luchste Roubut den Ball ab und brachte am kurzen Pfosten das Spielgerät im Fallen Richtung Tor. SC-Keeper Luca Sammartano war dann mit seinem Fehler der Nächste in der Fauxpas-Kette. Er reagierte schwach und drückte den Ball, welcher eigentlich haltbar war, fast selber über die Linie. In der 22. Minute lag der Ball dann wieder im Brandenburger Tor. Schiedsrichter-Assistent Maurice Martini hatte zwar ein korrektes Abseits angezeigt, dann gänzlich unbegründet die Fahne ohne Ahndung seines Chefs wieder heruntergenommen. Schlussendlich, in gemeinsamer Absprache unter den beiden Amtierenden, wurde der Treffer nach intensiven, aber verständlichen Protesten zurückgenommen (22.). Der Oberligaabsteiger machte vieles richtig, was der Truppe aber sichtbar fehlte, war das eingespielt sein. Athletisch und technisch passte das schon gut zusammen. So dauerte es einunddreißig Minuten, bis Einheit-Schlussmann Steve Jarling zu ersten Mal ernsthaft eingreifen musste. Dabei riskierte er schon Kopf und Kragen, um dem heranstürmenden Victor Sunday den Ball vom Fuß zu schnappen (31.). Ein Freistoß, aus gut achtzehn Metern, sehr mittig, brachte dann die nächste SC-Chance. Matheus Tosta Cesario schoss präzise und scharf, Jarling war aber schnell abgetaucht und konnte die Kugel unter sich begraben (35.). Die Partie blieb weiterhin im Intensitätsmodus und hatte kurz vor dem Pausenpfiff noch einen Aufreger, welcher schlussendlich zum 2:0 führte. Paul Federlechner wurde der Ball in den Lauf gespielt und diese Bewegung vom herauslaufenden und zu spät kommenden Luca Sammartano im eigenen Strafraum per Foul abrupt beendet. Strafstoß hieß die korrekte Spielfortsetzung, in der sich Tom Stedtler verantwortlich zeigte und ohne Abwehrmöglichkeit einnetzte. Wieder war der Jubel wie entfesselt und hatte schon etwas von extremem Druck auf dem Kessel und dessen Abbau. „So richtig kann ich das auch nicht erklären, woher der Druck kommt. Ein wenig trage ich sicherlich auch dazu bei, mit meinen Ansprüchen. Ich finde das aber sehr geil, das zeigt schon, was in dem Team steckt“, war die Erklärung von Einheit-Trainer Nico Thomascheski zum Kesseldruck in seiner jungen Bande.
Zum Wiederanpfiff konnte man getrost die Blaupause für die ersten fünfundvierzig Minuten herausholen. Die Intensität blieb in der Präsenz. Brandenburg versuchte weiterhin vieles, konnte aber in der Endkonsequenz vor dem Bernauer Kasten nur selten gefährlich werden. Außerhalb des Platzes hatten sich zwei Supporter-Lager lautstark formiert. Die Gäste mit einer Ü18-Fraktion, für die Einheit eine Formation aus der eigenen Nachwuchsabteilung. Obwohl Mario Farruku in der 47. Minute den Gästetorsteher prüfte, musste Bernau in der Folgezeit, gerade in puncto Leidenschaft und Kompromisslosigkeit eine große Schippe drauflegen. Denn der SC drängelte. Bis zur Strafraumgrenze und manchmal auch dahinter sah das Ganze größtenteils vielversprechend aus. Aber wenn da mal was auf den Jarling-Kasten kam, war es einfach zu wenig. Und genau in diese Druckphase, nach dem man schon einige sporadische Nadelstiche gesetzt hatte, fiel das 3:0. Ein Konter, der im Finale mit einem Durchstecker zu Hakan Deniz mündete und schlussendlich abgezockt im Netz zappelte, machte den Deckel ganz weit zu (68.). Die nun abnehmende Spielzeit sprach immer mehr für den Einheit-Dreier, obwohl sich Brandenburg nicht geschlagen geben wollte. „Letztendlich hat Bernau das Ganze heruntergespielt und auch verdient gewonnen“, hatte es Hans Oertwig-Vertreter Ümit Dikmen in seiner Analyse zum Spiel auf den Punkt gebracht. „Wir hatten heute sehr gute Phasen, besonders im ersten Durchgang. Zwei individuelle Fehler haben uns ins Hintertreffen gebracht, dann ist es natürlich schwer hier auf dem kleinen Kunstrasen gegen einen sehr guten Gegner zurückzukommen. Unsere Agenda ist natürlich erst einmal sicher zu stehen, damit die Mannschaft mehr zu sich findet. Wir sind halt noch nicht richtig eingespielt. Trotz der Niederlage bin ich aber zufrieden mit dem Auftritt meiner Mannschaft“, so die Gesamteinschätzung des Gäste-Trainers. Nico Tomaschewski war natürlich stolz auf seine Truppe. Er hatte dies im Kreis nach Spielende, als er mehrmals das Wort „Respekt“ in den Mund nahm, klar zum Ausdruck gebracht. „Ich bin absolut happy, wenn man heute unsere Aufstellung gesehen hat und das, was herausgekommen ist. Klasse Mannschaftsleistung, wenig zugelassen gegen eine sehr spielstarke Mannschaft, die sicher einen klaren Plan hatte. Großer Respekt an meine Mannschaft.“ Dem war definitiv nichts hinzuzufügen.
Bernau: Steve Jarling – Lucas Müller, Julian Graf, Paul Peschke, Tom Stedtler, Maximilian Walter, Mario Farruku, Florian Klose, Paul Federlechner, Deniz Hakan (74. Alexander Röber), Sam-Rene Bartz
Brandenburg: Luca Sammartano – Maksim Roubut, Jorge Esteban Sierra Mateus (83. Askincan Kücükkalfa), Victor Sunday (59. Christian Weidner), Matheus Tosta Cesario, Nebyou Dawit Molalegn (59. David Constantin), Erik Meschter, Yulian Andres Cordoba Moreno, Julien Burmeister (69. Hyungkyoon Kim), Mohamed Akasha (83. Tizian Lück), Vytautas Zemaitis
Schiedsrichter: Tobias Collin (Der Schiedsrichter konnte sich genau wie die Spieler keine Auszeit gönnen. Leitete sehr konzentriert, ohne groß in Erscheinung treten zu müssen. Schlussendlich konnte man dem Referee eine sehr gute Leitung attestieren, in der man auch mit der Nadelsuche im Heuhaufen, wenig Kritikwürdiges gefunden hätte.)
SRA: Michel Sieh, Maurice Martini
Zuschauer: 74



































































































































