BRANDENBURGLIGA, 14. Spieltag, TSG Einheit Bernau – Oranienburger FC Eintracht 1901 0:1

Die sechsminütige Nachspielzeit hatte Schiedsrichterin Jacqueline Lünser mit dem Abpfiff der Partie beendet und damit schon einen Scherbenhaufen hinterlassen. Ein fader Beigeschmack stand im Raum und dieser löste immer noch große emotionale Diskussionen aus. Einheit Trainer Nico Thomaschewski versuchte seine Jungs zu beruhigen, schaffte es aber selber kaum seine Gefühle im Zaum zu halten. Und diese richteten sich vornehmlich gegen die Spielleiterin.

Was war passiert? Oranienburg hatte in der 71. Minute das 0:1 erzielt und befand sich schon etwas auf der Siegerstraße. Bernau fand in der Folge keine richtige Antwort, bis auf einen gut platzierten Schuss von der Strafraumgrenze, den Gästekeeper Sven Roggentin hervorragend parierte, aber dann nach vorne abprallen ließ. Aus dem Gewühle der nachsetzenden Spieler heraus, stocherte Julian Graf die Kugel über die Linie und ließ im Nachgang eine Feierarie folgen (85.). Roggentin blieb verletzt liegen, weil er wohl mit seinem Gesicht mit einem Bein kollidiert war. „Ich habe den Torsteher nicht berührt, ich war gut einen Meter entfernt, als ich den Ball ins Tor schob“, beteuerte der vermeintliche Torschütze, kein Foul verübt zu haben. Schuldzuweisungen waren die Folge, mit dem Höhepunkt einer Rudelbildung vor der Oranienburger Auswechselbank. Jacqueline Lünser hatte im Zusammenspiel mit ihren Kollegen reichlich zu tun, die Gemüter wenigstens etwas zu beruhigen. Als dann in der fünfminütigen Unterbrechung durchsickerte, das Tor abzuerkennen, kochten die Emotionen abermals hoch. So entstand eine Bernauer Gefühlskette, die vom Platz verlassen, zum „lasst die das zweite Tor schießen“, bis zum „Ihr seid erwachsen, entscheidet selbst, wie es weiter gehen soll“, reichte. Einheit blieb auf dem Kunstrasen, stellte aber alle Aktionen ein. Oranienburg hatte die Kugel nach dem Freistoß, welcher aus der Toraberkennung resultierte, im Besitz, verzichtete aber auf den möglichen zweiten Treffer. So besann man sich in der 93. Spielminute wieder das Spiel aufzunehmen. Doch ein Tor fiel nicht mehr.

Dabei begann die Begegnung auf dem Bernauer Sportplatz am Wasserturm eigentlich wie immer. Intensität war das hauptsächliche Prädikat, welches der Begegnung über die gesamte Spielzeit Spannung verlieh. Denn qualitativ blieb einiges auf der Strecke. Nachdem die chancenarme Anfangsphase noch beiden Vertretungen gehörte, übernahmen die Gäste immer mehr die Regie. Gerade in dieser Zeit verpasste es die Schiedsrichterin erste Zaunpfähle zu setzten. Denn es entwickelten sich zunehmend Nebenschauplätze, die mit viel körperlich unangenehmen Nicklichkeiten bestückt waren. Es gab ein paar Halbchancen, welche aber beide Torsteher nicht wirklich in die Prüfung brachten und zum anderen wegen Ungenauigkeiten im Aus landeten. Das erste Durchatmen musste sich Einheit in der 14. Minute gefallen lassen. Nach einem Eckball von der linken Seite gewann Oranienburgs Tim Kretschmann sein Kopfball-Duell und nagelte das Spielgerät an die Querlatte. In der Folge blieb die Partie umkämpft. Zerfahrenheit, organisiert durch eine recht hohe Fehlerquote und vielen Unkonzentriertheiten, machte die Runde. Gespickt wurde das Ganze weiterhin durch eine sehr knackige Zweikampfführung auf beiden Seiten, welche kaum Spielfluss aufkommen ließ. Die nächste Möglichkeit hatten die Gäste nach einem Konter. Der erste Schuss wurde abgewehrt, der sehenswerte Schlenzer von David Waclawczyk als zweite Möglichkeit, passierte die Torauslinie nur knapp neben dem rechten Pfosten (27.). Eine kurz ausgeführte Ecke, welche Florian Klose als Adressaten hatte, brachte eine sehr gute Möglichkeit für Einheit ein. Doch ihm fehlte das Schussglück, als er den Ball direkt nahm, nicht richtig traf und die Kugel klar im Aus landete (28.). Auch der Schuss aus der zweiten Reihe, getreten durch Samir Mahmutagic, schaffte es nicht auf die Liste der zwingenden Gäste-Möglichkeiten, weil er für Einheit-Torhüter Lukas Schönhoff letztendlich leichte Beute wurde (34.). Der Verzweiflungsschuß, den Sebastian Knaack, der Mannschaftskapitän der Eintracht, ansetzte, trudelte in die Arme von Schönhoff (40.). Alles Möglichkeiten, bei denen viel mehr drin gewesen wäre. Richtung Pausentee kam Bernau wieder besser in die Partie und hatte in der 44. Minute eine Doppelmöglichkeit durch Maximilian Walter. Erst scheiterte er mit einem Heber an Roggentin und im Nachgang setzte er seinen Kopfball hauchdünn neben das Tor.

Die Gemengelage setzte zum Wiederanpfiff dort an, wo sie vor dem Kabinengespräch geendet hatte. Intensive Leidenschaft, Nebenschauplätze, eine Schiedsrichterin, welche es immer noch verpasste, Zeichen zu setzen und auch unerklärlicherweise bis dahin ohne Karten auskam, bestimmten das Geschehen. Einheit spielte nun auf Augenhöhe mit den tabellarischen weit höher angesiedelten Oberhavelern und wirkte dabei irgendwie griffiger. Das erste Raunen ging durchs weite Rund, als sich bei einem Diagonalball auf Maximilian Walter, Sven Roggentin verschätze, dann aber den Ball mit größter Anstrengung noch entschärfte und dem frei stehenden Bernauer die Chance nahm (51.). Auch die Möglichkeit von Frederick Fiebig hatte es in sich, doch sein Schuss prallte von einem Oranienburger Rücken ab, raus aus der Gefahrenzone (53.). In der 71. Minute war es dann doch passiert. Oranienburgs Dennis Hielscher-Reinelt hatte das „Tor des Tages“ erzielt. Erst langte David Waclawczyk aus achtzehn Metern stramm hin und traf den rechten Pfosten. Das Aluminium legte für den Torschützen auf, der dann flach und unhaltbar einnetzte.

Wie die Geschichte weiterging, war am Anfang zu lesen. Letztendlich war es eine Begegnung, die keinen Sieger verdient hatte. Eine Partie, die noch lange für Diskussionen sorgen, aber schlussendlich auch im Fußball-Alltag in den Hintergrund geraten wird. Ob dies für die Schiedsrichterin gilt, wird man sehen. Selbstreflexion ist das Gebot der Stunde …     

Bernau: Lukas Schönhoff – Lucas Müller (63. Viacheslav Veybert), Julian Graf, Paul Peschke, Fritz Söllner, Timm Gromelski, Maximilian Walter, Mario Farruku (75. Paul Federlechner), Fabian Buzdayev, Florian Klose (46. Frederick Fiebig), Lucas Steinert (68. Artur Sajfutdinov)

Oranienburg: Sven Roggentin – Cedric Krüger, Sebastian Knaack, Tim Kretschmann, Leon Walter, Samir Mahmutagic (76. Enrico Schöffel), Frederic Schütze (68. Dennis Hielscher-Reinelt), Elias Eckert, David Waclawczyk, Basel Hawwa, Marc Moldenhauer

Schiedsrichter: Jacqueline Lünser (Die Partie hätte eine oder einen Unparteiischen benötigt, der eine klare Linie fährt, den eigenen Handlungsspielraum kennt, sich auf einen Spielcharakter einstellen kann und schlussendlich auch mutig ist. All das hat die Schiedsrichterin mit ihrem Kollegen leider vermissen lassen. Den Mut, den vermeintlichen Ausgleichstreffer zu annullieren, muss man ihr zugestehen, obwohl sie offensichtlich daneben lag. Diese Traute hätte man sich von Anfang gewünscht, dann wäre ihr und allen Beteiligten viel Stressiges erspart geblieben.)

SRA: Carsten Fox, Norbert Koch

Zuschauer: 91

3 Gedanken zu “BRANDENBURGLIGA, 14. Spieltag, TSG Einheit Bernau – Oranienburger FC Eintracht 1901 0:1

  1. Sollte man das so schreiben? Der Spieler beteuerte, er habe einen Meter vom Torwart entfernt gestanden. Man sollte doch wissen, was Spieler alles behaupten, wenn es um den eigenen Erfolg geht. Solch eine Beweisführung kann ich nicht verstehen, zumal sie auch sich voll gegen die Spielleitung richtet. Könnte man eigentlich nicht in einem Bericht, die offensichtlich rustikale Spielweise der Teams kritisch bewerten? Bei so schweren Vorwürfen fehlt mir auch die Meinung der Unparteiischen. Wohlfeil wurden aber die dummen Spielerkommentare kolportiert. Dass Frauen lieber keine Spiele pfeifen sollten, setzt sich bei mir zumindest unterschwellig so fest. Und ich bin kein Freund von den Gendermätzchen der Gegenwart.

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    1. Tja, was soll ich darauf antworten. Eine Aussage eines Spielers als eine Beweisführung zu bezeichnen, kann ich so nicht unterschreiben. Denn nirgends steht in diesem Bericht, dass dieses Statement die Entscheidung zur Torerzielung zementiert bzw. untergräbt. Es war eine ausgesprochene Sichtweise, wie sie wahrscheinlich jeder Spieler oder Verantwortliche äußern hätte können. Leider bestand in der Hektik keine Möglichkeit, die andere Seite zu befragen. Da hätte es sicherlich einen gegenteiligen Blickwinkel gegeben. Ich war vor Ort und habe meine Eindrücke niedergeschrieben. Mehr nicht. Dass Interpretationen möglich sind, sieht man im oberen Kommentar. Das Statement zur Schiedsrichterleistung lasse ich unkommentiert. Ein männlicher Referee hätte sich in diesem Fall genau der gleichen Kritik unterziehen müssen.

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      1. „obwohl sie offensichtlich daneben lag“-aus dem Bericht – „Denn nirgends steht in diesem Bericht, dass dieses Statement die Entscheidung zur Torerzielung zementiert bzw. untergräbt.“-aus der Antwort. Zwei Zitate, die unterstreichen, dass tatsächlich Selbstreflexion das Gebot der Stunde ist. Von der süffisanten Wiedergabe der Bernauer „Gefühlskette“ will ich gar nicht erst reden. Das Schlimmste am Bericht…

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